de veritate
Der Dialog de veritate setzt mit der Erinnerung des Schülers an eine Stelle des vom hier als Meister auftretenden Autor des Monologion ein, an der er das Sein der Wahrheit als Wesen des Göttlichen bedenkt und zeigt, dass man in keinem vernünftigen Gedanken, ihre ein Grenz in der Zeit zudenken kann (M 18).
Es ist also der Gedanke an eine Wesensbestimmung des Seins des Göttlichen, der zur Einsicht in die ewigkeit führt, aber als Argument nur vom Zeitbewußtsein der Beurteilung unserer Gedanken und Aussagen her geführt werden kann. Darum macht sich diese Einsicht auch für das Selbstbewußtsein des Seins in der Zeit von uns als Menschen geltend.
Deinde cogitet qui potest
| Sodann denke, wer es vermag, Wenn nun keines von diesen beiden gedacht werden kann Schließlich, wenn die Wahrheit einen Anfang gehabt hat oder ein Ende haben wird, Wahres kann aber nicht ohne Wahrheit sein; Ob also behauptet wird, die Wahrheit habe Anfang und Ende, oder ob erkannt wird, daß sie diese nicht hat: |
Glaube und Vernunft - Fides et ratio - sind wie die beiden Flügel,
mit denen sich der menschliche Geist zur Betrachtung der Wahrheit erhebt.
Mit diesen Worten leitet die 1998 erschienene Enzyklika 'Fides et Ratio' ihr Lob der Wahrheit und vernuntfähiger Erkenntnis für die Orientierung im Glauben an.
Ist aber wahre Erkenntnis und die Einsicht von Wahrheit wirklich als ein "Betrachten" möglich? Entspräche dem rechten Verhältnis zu Gott als der Wahrheit selbst eine kontemplative Grundhaltung, eine Schau ihres Lichts?
Muß nicht vielmehr die hier aufgenommene Verbindung von Gottes- und Selbsterkenntnis eine zum praktisch orientierten Selbstbewußtsein gehören können, darin sich allererst das Personsein zu entsprechen vermag?
"Das Streben, die Wahrheit zu erkennen und letztlich ihn selbst zu erkennen, hat Gott dem Menschen ins Herz gesenkt, damit er dadurch, daß er Ihn erkennt und liebt, auch zur vollen Wahrheit über sich selbst gelangen könne (vgl. Ex 33, 18; Ps 27 [26], 8-9; Ps 63 [62], 2-3; Joh 14, 8; 1 Joh 3, 2)."
"Die Kirche legt weder eine eigene Philosophie vor noch gibt sie irgendeiner besonderen Philosophie auf Kosten der anderen den Vorzug. Der tiefere Grund für diese Zurückhaltung liegt darin, daß die Philosophie auch dann, wenn sie mit der Theologie in Beziehung tritt, nach ihren eigenen Regeln und Methoden vorgehen muß; andernfalls gäbe es keine Gewähr dafür, daß sie auf die Wahrheit ausgerichtet bleibt und mit einem von der Vernunft her überprüfbaren Prozeß nach ihr strebt. Eine Philosophie, die nicht im Lichte der Vernunft nach eigenen Prinzipien und den für sie spezifischen Methoden vorginge, wäre wenig hilfreich. Im Grunde genommen ist der Ursprung der Autonomie, deren sich die Philosophie erfreut, daran zu erkennen, daß die Vernunft ihrem Wesen nach auf die Wahrheit hin orientiert und zudem in sich selbst mit den für deren Erreichung notwendigen Mitteln ausgestattet ist. Eine Philosophie, die sich dieser ihrer „Verfassung“ bewußt ist, muß auch die Forderungen und Einsichten der geoffenbarten Wahrheit respektieren."
Enzyklika FIDES ET RATIO 49.
Die Frage stellt sich, welche Anforderungen sind der Vernunft und ihrer Urteilskraft überhaupt gestellt, wenn die Glaubwürdigkeit von Offenbarung und der ihr angemessenen Verkündigung in Frage steht?
Was sind die Bedingungen der Einheit eines gemeinschaftsfähigen, die Würde der Vermögen im Seinkönnen als Personen achtenden und sich bilden zu können wahrenden Glaubensbewußtseins des uns ursprünglich Gegebenen, das mit guten Gründen tradiert werden kann und Gedächtnisgemeinschaft stiftet?
Wie verhalten sich Wahrheit und das Vertrauen in die Bildung von Einsicht zu Begriff und Gedächtnis?
Vom Proslogion her, jenem Zwiegespräch der Seele aus der Anrede auf Gott hin, wird aus der Annahme von Wahrheit als Idee und als Wesen des als heilig zu Achtenden von Anselm von Canterbury in seiner daran anschließenden Schrift "Über die Wahrheit" - de veritate - in sich orientierender Einsicht des für die Erkenntnisvermögen ursprünglich Maßgeblichen - in Rechtheit - zu entsprechen gesucht.