Gerechtigkeit und Güte
IX. Ursprüngliche Bindung des Seins an die Wesenheit der Gerechtigkeit und Güte, die Gott selbst ist
30. Das leitende Maß der Güte in der gerechtmachenden Gerechtigkeit
P 8 behandelt die Güte als Barmherzigkeit und als Rücksicht auf das zu Ermöglichende. P 9 bis P 11 widmen sich der göttlichen Gerechtigkeit von vornherein unter der Frage, wie sie mit der Güte zusammenstimmt. (Die Güte wird aber hier mehr als Barmherzigkeit und in den Handlungen des Verschonens oder Verzeihens gedacht, nicht als ursprünglich ermöglichende Selbstgabe). Aus den in P 6 bis P 8 gewonnenen Einsichten konnten mit der Empfindung als Achtung in Vernunfterkenntnis und der Rücksicht in der Güte einer ursprünglichen Ermöglichung von Vermögen der - in Wahrheit befreienden – Macht der Gerechtigkeit jene Güte verbinden, an der sie als gerechtmachender Gerechtigkeit Teil hat.
Umgekehrt bedarf die Güte, um ein jedes Vermögen als sich gemäß ermöglichen zu können, der Gerechtigkeit in der die Uneinstimmigkeit überwindenden Abstimmung, denn die Ungemäßheit im sich Verhalten von irgendeinem geht immer mit einer Unordnung seiner Vermögensbedingungen einher und wird in der Zweckmäßigkeit je für ein Vermögen (aus dem Begriff seiner Idee im Bewußtsein des sich im einzelnen Verhaltens) beurteilt und erkannt – nach dem Maß, dass eines nur das Seine zu tun vermag, wenn es in seiner Grundbestimmung die Rücksicht auf die Selbstentsprechung im Tun eines jeden anderen nach seinem Vermögen aufgenommen hat.
P 9 gibt für Gottes Selbstsein als die Gerechtigkeit selbst jene Einheit mit der Güte an, ohne die es keine gerechtmachende Gerechtigkeit sein kann. Denn das Gerechtmachende verhält sich zu dem, was sich ungerecht verhält und darin nicht gut und nicht seinem Bestimmungsgrund gemäß sich zu verhalten vermag – im griechischen Sinne der arete sich „untauglich“, also ohne Tugend verhält und so beschädigend sich verhält. Gut zu den Ungerechten zu sein, ist im Sinne der Wiederermöglichung von Vermögen, selbst deren Bestimmung gemäß sich verhalten zu können, also am Wort und der ermöglichenden Gabe wieder teilzuhaben, die Bereitschaft dazu herausfordernd, aber nur im Vorlauf möglich und durch Übernahme von Schuld in der erneuernden Gabe.
Kriterium in der Gotteserkenntnis ist wiederum das melius ipsum: „Denn besser ist, wer sowohl Guten wie Bösen gut ist, als wer nur Guten gut ist.“ Diese Einsicht ist Weisheit, die auch das Dao de jing (49) teilt und das Neutestamentliche Zugehen auf die Sünder leitet. Das Böse und Ungerechtsein wird nicht entschuldigt oder gut geheißen, sondern die Güte zeigt sich dem Ungerechten gegenüber in einer Haltung nicht der Vernichtung seiner Vermögensbedingungen, sondern in der Wegweisung zur Umkehr der Verfehlung – in Ausübung richtender Urteilskraft als Bildung von Gewissen aus gerechtmachender Gerechtigkeit.
Anselm wird den damit aufgeworfenen Fragen einer Vereinigung von Ursprung und Freiheit unter der in der Rechtheit der Ausrichtung zu vereinigenden Maßgabe von Güte und Gerechtigkeit jedoch nicht wirklich gerecht. Güte wird im Verhältnis zu Gnade und dem Verschonen vor Strafe als Barmherzigkeit gedacht und Gerechtigkeit vom Maß der Gleichheit behandelt, ohne das mit der Güte sich in der Gründung von Rechtheit verbindende Ermöglichen von Freiheit in Verantwortungsgemeinschaft der Tugenden (der „tauglichen“, als Vermögen in Ausübung ermöglicht werdenden Vermögen) recht erfassen, aufnehmen und weisen zu können. Statt einer nur vergeltenden Strafe wäre eine den Vermögen, vor allem eine den je eigenen Gerechtigkeitsvermögen selbst gütige, weil sie als solche und zur Gemäßheit mit sich herausfordernde Berichtigung für das gottgemäße Können der gerechtmachenden Gerechtigkeit gefordert. Den Sündern, also das Maß der Selbstgemäßheit verfehlenden gnädig zu sein, muß sich als Umkehr einer verfehlenden Grundausrichtung der Bestrebung und ihrer Haltung einstellen und sich auf das Ungemäße und Ungerechte nicht einfach der von den Guten wie im letzten Gericht zu unterscheidenden Bösen beziehen, sondern es muß die Verfehlung des Vermögensmaßes der Gerechtigkeit als jeder Seele des Menschen innewohnend begriffen werden, aus der das Verlangen nach Versöhnung in erlösender Güte sich erhebt, aber ohne die Haltungsausrichtung berichtigenden Geist der Gerechtigkeit (im Beistand einer sie als Maß zur Einsicht bringenden Rechtheit) nicht erlangt werden kann.
Wie die drei zusammenhängenden Schriften zur Entsprechung in Rechtheit zeigen, hat mit der Wahrheit auch die Gerechtigkeit eine wegweisende Bedeutung für die Freiheit. Befreit wird die Seele – in vero liberas – in befreiender Gerechtigkeit – von der Verfehlung (Sünde), doch ist sie nicht durch Erwerb von Verdiensten zu erstreben, sondern es bleibt ihr Empfangen von der Bereitschaft der Entsprechung abhängig. Die Gnade im Empfangen der Einsicht zum sich Ausrichten Können in Rechtheit erfolgt nicht nach Verdienst. Denkt man sie vom Ursprung als Gabe, dass empfangen wir sie durch die Ermöglichung und nehmen Gott in Anwesenheit der Achtungsgemeinschaft im Gemäßsein an, nicht als Verteiler von Genußmitteln oder Talenten zum Erwerb von Ruhm und Erfolg. Damit ist der ausgleichenden Gerechtigkeit durch die Göttlichkeit ihrer Macht als mit der Güte in Weisheit und der zu ermöglichenden Einsicht in befreiender Wahrheit verbunden eine Unterscheidung von der Vergeltung und von der Rache eingezeichnet, deren Impuls uns mit der Sühne zur Versöhnung mit Gott als zu beherrschen gewiesen wird.
Die in der Anrede ausgesprochene Bitte um Schonung, spricht die richtende Gerechtigkeit als von Vergeltung durch unterschieden an: durch Vergeltung und Rache ist Gerechtigkeit gerade dort nicht wiederherzustellen, wo sie verletzt und verloren ist: ihre Wiederermöglich bedarf der Bildung der Gerechtigkeitsvermögen, um dem Maß der Vermögen, es wieder erkennend und als verbindlich einsehend, entsprechen zu können. Dass die Darstellung der Passion durch die das Wirken der Güte Gottes darstellenden Evangelien auf die Bildung der Gerechtigkeitsvermögen in Berichtigung der usübung ihrer richtenden Urteilskraft den ausgeübten Vermögen des Seinkönnens als gottebenbildliche Person gegenüber bezogen ist, hat Richard Schaeffler gesehen.
Dass der Gerechtigkeit nicht widerstreitet, was aus der Güte fließt, die es ohne Gerechtigkeit nicht gibt, läßt erkennen: nur im Achtungsverhältnis zu den das Rechte und Angemessene zu wahren vermögenden Handlungsvermögen kann in Teilhabe eines Empfangens an den für die verschiedenen Kräfte der Seele ursprünglichen Bestimmungsgründen die in der Anrede erhoffte Einsicht gegeben werden und kann der Aufruf zur Umkehr auf Erfolg hoffen, solange die Menschen in ihrer Ebenbildlichkeitsbestimmung noch ansprechbar sind und an der Erinnerung als Vermögen teilhaben – in den Bildern das Begreifen lernend und begreifend, was als Gabe der Achtung von Menschen im personalen Verhalten zu den göttlich gegründeten Vermögen aus deren ursprünglicher Würdigung als Bestimmung des Menschen aufgegeben ist.
31. Zweierlei Maß für Gott und Mensch?
Anselm Versuch des Nachweises, dass Güte und Gerechtigkeit wahrhaft übereinstimmend, ist als Anspruch zu wahren, konnte aber nicht gelingen, da er zweierlei Maß annimmt. Der Anspruch ist in jener Wesenserkenntnis verankert, das nichts machtvoller, nichts als gerechter selbst zu sein gedacht sein kann als das Göttliche selbst.
P 10 versucht dann das Wie der Gottes Wesen als gütig und gerecht zuerkannten Maßgründe der personalen Verhaltensbeurteilung zu bestimmen. Die Argumentation greift dann für die Entprechung zu zwei verschiedenen Maßstäben – und verfehlt die Einstimmung in der Bestimmungseinsicht ihrer Annahme und damit die Einheit der zu Entsprechung in Befolgung aufgerufenen Vermögen:
- weil es den Bösen Taten (ihren Verdiensten) entspricht, sie zu strafen
- weil es Deiner Güte entspricht, sie zu verschonen.
Ein den bösen Taten entsprechendes Maß kann es doch gar nicht geben. Träten Strafe als Vergeltung außerhalb der notwendigen Berichtigung, verlöre sie als Handlungsweise die Bindung an das ursprünglich Gütige der Ermöglichung. Darum kann Gerechtigkeit gebenüber dem bösen Tun nur die Vermögen sich berichten und bilden zu lassen intendieren, aus deren unangemessenem Gebrauch und Verhalten das Ungute und Ungerechte entsteht. Die Striktheit der Verurteilung einer bösen Tat ist nicht schon die berichtigend eingreifende Gerechtigkeit, weil sie immer die Ordnung des Rechts einer Gemeinschaft im Sinne hat, für die nur das Maß zur Einsicht sich erneuern kann, nicht für die Tat, die nicht mehr aufzuheben ist. Darum kann auch nicht jeder einzelne Täter gerecht gemacht werden; er müsste bereits in Distanz zu seinem Tun treten und im Maß der Gerechtigkeit und des Rechts beurteilen, wie sie sich im Gedächtnis darstellt.
Anselm bindet die befreiende Gerechtigkeit nicht zurück an die Güte des Ursprungs, kann das Maß der Gerechtigkeit als gerechtmachende mit dem Grund der Ermöglichung aus ursprünglicher Güte verbinden: dies ist aber für das Selbstseinkönnen notwendig, jedoch nur durch den die Schuld übernehmenden Gottessohn und dem Beistand des Geistes in der nach dem Maß der Gerechtigkeit zu verantwortenden Geschichte möglich (Geschichte und Heilsgeschichte). Erst so könnte die Frage, die im Cur Deus homo aufgeworfen wird, recht gestellt und ein Antwortweg für die Nachfolge gewiesen werden.
P 10 löst die gestellte Aufgabe der Einstimmung nicht. Die gesuchte Widerspruchsfreiheit in der Annahme der Maßgabe von Güte und Gerechtigkeit ist in der Beschreibung von schonendem und strafendem Gotteshandeln nicht zu finden und zu sichern – denn beides ist noch im Sinne von Vergeltung / Ausgleich gedacht (siehe P 11 „Denn gerechter ist es …nach Verdienst zu vergelten.“).
Im nun folgenden Kapitel 11 gibt das Proslogion der Ausgangsbestimmung nun eine weitere Deutung: Gott sei als die Gerechtigkeit selbst so sehr gerecht, daß er – hier im Du angesprochen – nicht gerechter gedacht werden kann - ut iusior nequeas cogitari. „Denn gerechter ist der, der sowohl Guten wie Bösen … nach Verdienst vergilt“. Wie aber stimmt das mit der Güte zusammen? „Denn besser ist, wer sowohl Guten wie Bösen gut ist, als wer nur Guten gut ist.“ wie in P 9 erkannt? Denn nunmehr wird für die Gerechtigkeit ein Vergleich nach dem Maß von Verdienst für ein Vergelten gezogen, das ungerecht wäre, wenn sie nur den Guten vergilt – den Bösen gegenüber aber keine vergeltende Gerechtigkeit walten lassen würde. Eine Einheit von Güte und Gerechtigkeit wäre aber nur ein einer sowohl handlungsleitenden wie einsichtgebenden Macht der Weisheit möglich, die als gütig ursprünglich ermöglichend und als gerecht befreiend ist und so Grundgabe mit der berichtigenden Annahme des Maßes der Rechtheit verbindet. Eine Lösung ist Anselm hier durch die ausgleichende und vergeltende Gerechtigkeitsauffassung des distributiven suum quique verstellt.
Zu begreifen wäre gewesen, wie das Schonen gegenüber Bösen ein ihnen gerecht Werden sein kann; ein Mangel an Einsicht kann von der Aufgabe nicht entlasten. Ein Lösung hätte die Loslösung vom Maßstab des Verdienstes bedurft (siehe Paulus Kritik an der Werkgerechtigkeit). – Die Erlösung der Sünder ist auch neutestamentlich an die Umkehr und den an den Glauben, der der Weg und die Wahrheit ist (Joh 14,6). Güte wäre als Rücksicht auf die Bedürftigkeit in der wiederermöglichten Gemäßheit der Vermögen mit der sie ordnend in das Rechte bringenden Gerechtigkeit vereint (menschheitlich → gemeinschaftsbezogen, Verfehlung nicht sündenindividualistisch durch Vergebung zu heilen, sondern als Verfehlung des Einsatzes für die Gemeinschaftlichkeit zu begreifen – aus der Begriffsbedeutung der Ideen der Gerechtigkeit … keine Einheit ohne den Geist der Gemeinschaft).
Problem bei Anselm ist hier: Willensbindung der Macht (Entscheidung der Ausübung von Gerechtigkeit vorgängig) als Denkbarmachen der Vereinbarkeit von Gnade und Gerechtigkeit. Jedoch, die Willensgüte ist als auf Rettung (aller Seelen) bezogen immer in einem Verhältnis zur Ungerechtigkeit befaßt. Es gibt ja unter Menschen keine vollkommen Guten und Gerechten (das wäre ja Gott selbst und ist nur als Maß zu denken, nicht in Beispielen des Handelns). Platon: Seele der Menschen ist gerecht und ungerecht.
„So also bist Du …“ dem Anspruch nach hätte die Gotteserkenntnis aus der Führung zur Erschließung des Wasseins das Wieseins in der widerspruchsfreien Annahme gefunden – aber, ohne teilnehmende Übernahme der Widerstreitverantwortung im Sein der zur Gerechtigkeit als Vermögensbedingung ihrer Einheit bestimmten Seele, die an Ungerechtigkeit teilhat.
32. Ursprung als Quelle und die Kritik des Bestimmung durch ein Einsichtsziel
Eine verfehlte Ausübung von Einsichtsvermögen durch das sie ausrichtende Denken eines Einsichtsziels wäre darin angezeigt, dass das einsichtsfähig zu sein bestimmte Vermögen sich allein auf Einsicht (in Form einer passiv zu empfangenden Schau) ausrichtet und so alle es bedingenden Vermögen und deren Funktionen diesem einen Ziel unterordnet – als müsste das Einsicht gebende Licht nur erst von seiner Quelle her ihm noch stärker aufleuchten. Dem hält jedoch Anselm in P 14 das Bild des hellsten allen Lichts entgegen. Heller als die Wahrheit selbst kann das Licht der Wahrheit nicht sein. An ihm kann die in der Verfinsterung und Trübung des Urteilsblicks widerfahrene Einschränkung nicht liegen.
Bedarf es aber einer Bildung und Berichtigung zur Entwicklung eine angemessenen Verhaltens, dann muß die erbetene Einsicht nicht nur als Einsicht in eine wirksame Bestimmung der vermögensermöglichenden Ausrichtung empfangen werden, sie muß als solche die Reorganisation in der Verhaltensbildung wirksam leiten und als sie bewerkstelligend empfangen werden. Sie muß eine reformatio des Vermögensverhaltens unserer Erkenntnisvermögen so leiten können, dass sie deren Einsicht auf die Grundorganisation hin ausrichtet und dort leitend wird, nicht mehr als Bestimmung eines Ziels, das Quelle der Erkenntnis ist, sondern in Teilnahme aus Erkennen das Verhalten in seinem Können ausrichtet. Vernunft und Urteilskraft entsprechen als geistige Vermögen dem durch ihre Arten von Einsicht und Erkenntnis aufgenommmen Maß des Ursprung als Bestimmungsgrund nur, indem sie die Vermögen der Seele in teilhabender Fürsorge als gemeinschaflich nur recht auzuüben leiten, ein jedes nach seinem Maß, und es ihnen unter dem Anspruch ihrer Einstimmung dienend in ursprünglichem Selbstbewußtsein zu erkennen geben.
Die Wendung zur Einsicht in den Ursprung zeigt eine Not der Verhaltensausrichtung im Zusammmenwirken der Vermögen an, die die Einheit des Selbstbewußtseins bedingten und nur als zu wahrende Bedingungen deren Ordnung wiederherzustellen erlauben. Darum kann das zu erlangen Erhoffte nicht als eine rein passiv zu erschauende, als Erleuchtung zu erfahrene Einsicht sein, deren Empfangen durch das Abhalten jeder Denk- und Fürsorgeaktivität zu bereiten wäre, sondern sie ist als eine berichtigend und bildend für die Formierung des Verhaltensvermögens grundlegend wirkende Kraft zu empfangen, die die Ausübung der eignen Kräfte bekräftigt, indem sie als ein Maß der Selbstangemessenheit und Selbstentsprechung in deren Ausübung als reformatio in ihrer Bildung empfangen und im Einsichtsdienst weitergeben wird.
Darum ist die Identifizierung der Quelle für das Vernehmen der erneuernden und berichtigenden Gabe zur Bildung von Angemessenheit für das Seinkönnen in selbstbewußter Selbstgemäßheit als Einsicht spendende Wahrheit im Bild des Sonnenlichts einseitig und zeugt durch die Vereinseitigung von einer Verfehlung der Vereinigungsaufgabe und ihrer Leitungsverantwortung.
Die in der wiederzuerlangenden Rechtheit der Orientierungskraft anzunehmende Maßgabe muß eine die Ausrichtungsbestimmung berichtigende Bestimmungsmacht sein, die als auf die Koordination für das Zusammenwirken verschiedener Verhaltensvermögen bezogen (weil Sein, Denken und Einsehen nicht dasselbe sind – als dasselbe nur eingebildet wären), nur zur Angemessenheit bestimmend wirkt, wenn es ermöglicht, dass ein jedes das Seine zu tun vermag, also als Idee der Gerechtigkeit begriffen wird, deren ursprüngliche Bestimmung auf die Kooperation im Können von Vermögen bezogen ist, nicht auf die Verteilung von Gütern oder Ausgleich nach Verdienst und Besitz.
Was als Einsicht erwartet werden kann, muß mit dem Maß der Wahrheit für die Erkenntnisbeurteilung im auf Einbildungen sich stützenden Denk- und Erinnerungsverhalten zugleich auf die Gerechtigkeit und eine ursprüngliche Güte bezogen sein, die das Maß als für das Selbstseinkönnen aus ursprünglich zu eigen gegebenen Vermögen auf rechte und angemessen, auf gute und gütige Weise gibt. Das Empfangen kann dann nur in einem mitwirkenden Handeln statthaben, dem die Einsicht in die Rechtheit des sich Ausrichtens zugehört, und dem Geltendmachen der Annahme im Einsatz für Wahrheit und Gerechtigkeit in der Kooperation der Gemeinschaft ihren Verfehlungen entgegen beisteht.
Die Hoffnung auf Wiederermöglichung der Entsprechung ist nur aus der Annahme der Gabe zur Erneuerung in Gerechtigkeit und Güte möglich, wenn die Schöpfung zur Gründung der menschlichen Natur in ihren Erkenntnisvermögen nicht als Beschränkung (Fesselung durch Materiebindung) des Geistes gedacht wird. Denn dann wäre die Schuld immer dem Schöpfer zuzuschreiben, der die vollendete Erkenntnis in Teilhabe am reinen Licht (aus Neid?) verhindert hat. Im Glauben an die ursprüngliche Güte Gottes aber wird das göttliche als neidlos, wie im Timaios erkannt, und darum freigiebig in Ermöglichung, nicht in Beschränkung, von Vermögen begriffen. Dass diese Gabe aber nicht die des reinen Lichts für eine reine, körper- und sinnlichkeitslose Lichtexistenz sein kann, muß der göttliche Ursprung als Selbstgabe Gottes in Erzeugung der die Ebenbildlichkeit als Maßgrund erhaltenden Grundlage erfolgen, nur dann kann sie als für das Selbstsein im Ganzen der seelischen Vermögen des Seinkönnens menschlicher Personen in ihrer Gemeinschaftsverantwortung einsichtsvermittelt weitergegeben werden. Das Menschsein wird in seiner Entsprechung als durch die Hingabe vorgebildet und in Vollendung durch denjenigen repräsentiert, der als Herr im Gedächtnis des Geistes die Entsprechung durch Nachfolge weist. Dass die Nachfolge keine Nachahmung ist, sondern als grundlegend den Einsatz für die so gestiftete Gemeinschaft erfordert und auf Teilhabe aus auf Vollendung ausrichtender Vollkommenheit und die Mitwirkung im Weinberg des Geistes angewiesen ist. Die ursprüngliche Selbstgabe macht sich abhängig von der Annahme in teilnehmender Entsprechung (vgl. die Mittelerfiguren in den Schöpfungsmythen).