Struktur des Werks – Argument und Gefüge


VII. Das Licht des Werks in Anrede und Annehmen der Gabe


22. Zur Werkstruktur der Erschließung des Wesens in den Weisen des erkennbar Seins

Das nach dem Ansporn des Geistes (exitatio mentis) mit der Vergegenwärtigung in P 1 von Anspruch und Widerstreit einsetzende Annehmen und Suchen des Denkens stellt sich in P 2 unter die Frage nach dem Quod vere sit deus. Das „quod“ bedeutet sowohl das Daß-Sein wie das Was-sein. Ein gegenüber der Wesensbestimmung sich isolierendes Denken des „Daß-Seins“ bliebe durch den Gebrauch des „ist“ im Urteil an das Gedachtsein gebunden, da ihm keine unterscheidende Wesenserkenntnis (in Identitätsgeltung) des regelbestimmten Verhaltens einer Substanz zuerkannt wird, also keine Unterscheidung von Denken und Erkennen begründet. Im Gedanken von Gott muß ihm selbst für das Bewußtsein eines unbedingten Selbstseins eine Einsicht gewährende Seinsweise zukommen, deren ursprünglich eröffnende Gabe nicht von einem auswählenden Willen, wohl aber – als Gabe – von der sich ihm öffnenden Entsprechungshaltung abhängig ist.

Beachtet man den sorgfältigen Wortgebrauch in der Komposition des Werks der Einsichtssuche und Einsichtsbildung des Proslogion, so setzt es mit dem Quod als Leitfrage von P 2 nach dem wahren Sein von Gott selbst ein, verhandelt in P 4 das Wie des nicht recht Denkens (Quomodo), fasst das quod des Wassein in P 5 durch das quid und quidquid sachhaltiger und geht ab P 6 über in die Erörterung der Seinsweise dieser gottwesentlichen, als ihm zuerkannte Verhaltensweisen des Wasseins seiner Macht und seiner ihm gemäßen Ausübung von Vermögen: alle Kapital bis einschließlich P 11 fragen in ihren Titeln nach dem Wiesein durch das quomodo. P 12 erinnert mit dem seinem Quod Deus sit nochmal an die in P 5 angesprochenen Wesensbestimmungen des Verhaltens, die nun als Wesensbegriffe in der Form von Ideen als Wassein begriffen werden und das Wiesein auf die begriffliche Vereinbarkeit hin zu denken neu als Aufgabe stellen. P 13 und P 14 nehmen die Frage des Wie auf, um in P 15 die Grenze der Denkbarkeit für ein auf das Wassein des einzigartigen Selbstseins des einen Gottes durch Ideenbegriffe sich beziehendes Denken zur Geltung zu bringen. Denn, wie zuvor gezeigt, kann das auf Ideen in Begriffen von etwas als die Wesenheit als Washeit bedeutend, weder ein Kriterium der Empfängnis noch der Gegenwart (im Empfinden) wahen und damit die Achtung der Würde des göttlichen in dieser Ausrichtung nicht erhalten, obwohl das so Erkannt unverzichtbar bleibt.

P 16 bis 21 stehen dann unter der durch je ein quod geleitetes Fragen, das in Durchführung der Grenze nunmehr der Fassungkraft eines den Washeiten des Wesens entsprechenden Seinsweisen durchgängig eingedenk die Annahmebestimmung auf den Entwurf jener Entsprechung hin transformiert, die mit als Gut und als Güter in einer erhofften Teilnahme zu empfangende Freude.

Das Proslogion legt somit jenes in P 26 auch zitierte Wort des Johannesevangeliums aus, „Bittet, und ihr werdet empfangen, daß eure Freude erfüllend sei (gr. pepleromene – lat. sit plenum.“ (Joh 16,24)

23. Unterscheidung in Widerstreitverantwortung

Das Einsicht verlangende Verhalten kann eine zu erreichende Angemessenheit nur annehmen, wenn es das Maß zur Entsprechung im Geist einer ursprünglichen Ordnung vereinigungsfähig empfangen zu können erwarten darf, während es die Gegebenheit der Maßgabe bereits im Begriff erschlossen annimmt, um sich recht auf das ihm Maßeinsicht Gebende ausrichten zu können. Die Rechtheit der weisenden Bedeutungsannahme im Begriff ist darum entscheidend für die Einstimmungsfähigkeit in der Glaubenshoffnung.1

Die Entsprechung im Denkverhalten gelingt in erster Wendung (Der Anspruch de Entsprechung kann für das Denken nur gewahrt werden) nur durch die Umwendung der Intention auf ein als etwas und einzeln identisch oder einfach zu sein Gegebenes hin zu einem Annahmeverhalten der Identität von Selbstsein als Maß der Selbstgemäßheit von jeweils identifizierbaren Vermögen in einer sich ordnenden Einheit. Mit dieser Annahmetransformation von Selbstidentität in ein Gemäßheitsverhalten, für das aus der Identitätsform der Begriffe die Seinsweise des Wasseins des Wesens aufgenommen wird, ist Entsprechung aus dem zu gedenkenden Ursprungsverhältnis zu Gott als Schöpfer überhaupt erst möglich, erfordert dann aber für das Einsicht in das Maß der Entsprechung empfangende Denken eine Differenzierung von zu vermeidendem Widerspruch als Regel des intentionalen Urteilens von jenem Widerstreit in den Handlungsausrichtungen, den es erkennend verantworten kann, dem Denken aber als unvermeidlich einsehbar wird.2 Im Proslogion wird in K3 dieser Unterschied durch das Maß der Einstimmung (convenire) und dem Widersinnigen (est absurdum) angezeigt, das das Urteile sich selbst widerstreitend verhält, wenn es über das urteilt, was es nur als ihn ermöglichender Ursprung annehmen kann.

24. Achtung als Haltung und ihre Stellvertretung in der Bitte um Einsicht

Die folgenden Überlegungen versuchen die in Cur Deus homo wesentliche Ehre Gottes vom Selbstssein als Würde für die Achtung als Vernunft im Glaubensdenken deutlich zu machen, die Anselm so nicht beachtet und durch die Ausrichtung im frui auf die verheißenen Freuden verfehlt, wir denken, dass so erst das Werkanliegen des Proslogion angemessen gewürdigt und fortgeführt werden kann.

Die als das Wesen einzusehende Seinsweise des Selbstseins Gottes ist also als so verfasst anzunehmen, dass ihm Ursprünglichkeit und Unbedingheit mit der Identität des Seins der Wahrheit als Maß zuerkannt wird, in dem dieses Sein als Maß im Ursprung als grundlegend für die Bedingungen der personalen Vermögen angenommen ist, das Unbedingt selbst sich in für uns unbedingten Bedingungen zeigt, und im Selbstbewußtsein einen Begriff davon geben, was es heißt, Person im Haben eines Ursprungs des Seinkönnens aus zu eigen gegebenen Vermögen zu sein. Die so gedachte Verfasstheit des Göttlichen wird als ursprünglich ermöglichend angenommen als Maßgrund der Vermögen der Freiheit.

Das in seinem Gottes- und Selbstverhältnis aus der angenommenen Bestimmung des quo nihil maius cogitari possit geleitete Denken bringt eine von willkürlichen Entscheidungen unabhängige Maßgabe zur Geltung, die nur aus der ihm selbst erkennbar werdenden Grenze von Denkvermögen im Verhältnis zu dessen Nicht-Können, wie es das nihil … possit oder non potest ausdrückt, angenommen werden, aber ohne Teilhaben der Fürsorge für die Einheit der kooperativen Ausübung selbstbewußtseinsfähiger Vermögen nicht gehalten sein kann. Diese Geltungsart der Einsicht des Glaubensbewußtseins unterscheidet sich von der Form der Objektivität des Wissens im Gegenstandsverhältnis, da es als Geltung des Maßes die Verbindlichkeit in dessen Annahme aus Einsicht in das unbedingt zu Achtende von Bedingungen ausmacht.

Achtung ist als Achtung von Würde mit dem Ursprungsgedenken als Ermöglichung von Vermögen immer auf die Würde der Vermögen bezogen. Ihrer Haltung ist als ein Empfinden mit einem Empfangen verbunden, das dem Denken die Richtung auf ein sich ihm Geben von Einsicht verlieh, und die vernehmende Vernunft zur Anerkennung eines Unverfügbaren verhält, das keinem Willen und keiner Erfassung durch einen kalkulierenden oder technischen Verstand unterliegt. Darum gehört der Ausrichtung des Denkens auf eine ihm zu gewährende Einsicht ein Bitten zu, das schon vom ersten Kapitel und dessen Gebetsteile aus eine Grundhaltung des Proslogion darstellt, in der dem Ansprechenkönnen im Namen, der mit dem angemessenen Wort als Begriff des göttlichen Wesens zugleich gesucht wird, recht angenommen zu sein und die Rede leiten zu können.

Die Argumentation des sich besinnend um Einsicht, was durch es für unbedingt gültig erachtet werden kann, bemühenden Denkens läßt sich von der Begriffsform der Wortbedeutungen, dass sie wahre Einsicht in das Maßgebliche und Entscheidende gewähren, darin leiten, dass es, was im Begriffswort als Göttlich selbst und gegeben zu sein bedeutet wird, ernst nimmt und festhaltend sich vertraut, dass es das so zu denken Gegebene als es selbst wahren kann.

Dem sich auf eine sich ihm eröffnende Einsicht ausrichtenden Denken ist eine durch es selbst zu begreifende Antwort zu finden in der Haltung seines Erkundens aufgegeben, darin das Denken die erbetene Gabe durch das jeweils mit der Ausrichtung auf sie als annehmbar Angenommene vertritt. Die in der erörterten Annahme selbst denkend zu vertretende Annehmbarkeit gehört zur theologischen Besinnung des Glaubensbewußtsein und seiner in persönlichem Einsatz als glaubwürdig vertretenen Überzeugung. Wie die das Proslogion einleitende Gebetsform ausweist, ist sich das nach Einsicht strebende Denken bewußt, dass es um Erfüllung bittet. Darum ist die Haltung seines Suchens und Erkundens von einem Verlangen getragen, das in der Anrede ein Bitten aus dem stellvertretenden Sprechen im Namen dessen ist, der als ihr Herr Kunde bringt und Einsicht gibt: „Bittet, und ihr werdet empfangen“. (Joh 16,24)  "Um was ihr immer in meinem Namen bitten werdet, ich werde es tun." (Joh 14,13)

Die Bitte muss ein Bitten um Erkenntnis sein, die recht leitet; als geistige Hoffnung ist das Ersuchen auf ein Empfangenkönnen einer Weisungseinsicht bezogen, die eine einsichtsgeleitetes Entsprechen ermöglicht und das Maß dafür trägt. Was Christus im sein Gedenken tragenden Geist als Einheit von Gott und Mensch in einer Person für die Bittenden tun kann, ist jene Einheit zu ermöglichen, in der wir mit Gott im Geist vereinigt der Ebenbildlichkeit im Sein als Personen entsprechen. Augustinus kann darum in seinen Traktaten zum Johannesevangelium (72) mit Origines sagen: Wenn sich nämlich jemand mit etwas verbindet und vereint, nennt sie das ein Erkennen dessen, womit man sich verbindet und vereint. Selbst wenn man vor einer solchen Einigung und Gemeinschaft Worte über etwas begreift, so erkennt man es doch nicht.

25. Ursprüngliche Gabe und Bildung des Begriffs der Person in der Bestimmung ihrer Vermögen

Gegenwärtig kann die erbittend erhoffte Entsprechung nur in einem Sprechen sein, darin wir mitsprechend und mitdenkend der vernommenen Kunde uns entsprechend verhalten: Jesus spricht, wie das Johannesevangelium es berichtet, kurz vor Gethsemane und dem Beginn der Passion, Gott als Vater an, in der Haltung des als Sohn in seinem Namen (als Christus) Bestimmtseins, wie wir im Mitsprechen der Anrede (im Proslogion) den Christus als unseren Herrn, in dem wir vereint sind (ihn und uns erkennend, anerkennend, glauben), ansprechen: es muß wie jenes ein kundgebendes Sprechen sein. Die zu empfangende Einsicht muß ein die Bekundung der Bedeutung begründendes, rechtfertigendes Erkennen sein können.

Der aus der Einheit von Gott und Mensch in einer Person grundgelegte Begriff der Person unterscheidet sich in diesem Geistgedächtnis eines göttlichen Ursprungs vom Begriff eines Subjekts von beliebigen Handlungen, das man bitten könnte, dies oder jenes, was man sich so wünscht oder zu meiden sucht, zu tun. Das rechte Gebet der Seele wird, und das sucht in der Tat das vorliegende Werk zu lehren, nie etwas von Gott als ihrem Herrn zu erbitten, das ihr in der Ebenbildbestimmung nicht entspricht und darum immer mit einer Einsicht in das grundlegend Maßgebende wird verbunden sein und im Erkennen verbunden werden können müsste.3 Um etwas anderes als die um ihrer selbst Willen zu wahrende Rechtheit (in Wiederermöglichung von Entsprechung) kann die Seele vernünftigerweise im Verhältnis zu ihrem Schöpfer als Ursprung ihrer Vermögen nicht bitten.4 In gewisser Weise wird die Bitte um Einsicht in das Rechte durch das sich ausrichten Können in Rechtheit und die Einsicht, dass diese nur um ihrer selbst willen zu wahren ist, einer Würde des Seins als 'Zweck an sich selbst', die zu achten das Denken bereits in der Intention auf das unbedingte Selbstsein Gottes zu erkennen sich aufgegeben sah.

Darum muß der Geist der um Einsicht zur Entsprechung bittenden Seele dem Göttlichen ihres Ursprungs Vollkommenheit des Wesens zuerkennen, da das Unvollkommene als Bestimmung der als Maß anzunehmenden Grundes für das Einsichtgebende eine Unwahrheit und damit ein Unzuverlässigkeit und Unwahrhaftigkeit in das gegebene Wort (des offenbarten Gottesnamens) eintrüge und das Orientierungsvermögen des Geistes in einen Abgrund stürzte, die Denk- und Erkenntnisvermögen und die Kraft ihrer Lebensführung vernichtete.5

Darum spricht das Proslogion auch nicht einfach über Gott als außerordentlicher Gegenstand einer besonderen Wissenschaft, die Theologie in einer traditionell dogmatischen Fassung wäre6, sondern gestaltet sich aus einer Suche in der Haltung dessen, der im Namen des Herrn ihn bittend anspricht, der ihm nur der im Geist als Person anwesende Christus sein kann.7 Im Du der Anrede verhält sich die Seele einer Person zur Person des Herrn, dessen ursprüngliche Bestimmung im Selbstverhältnisder sie annehmenden Seele ihre Vermögen ermöglicht, also in die Ebenbildgabe eingeht und darum im geistigen Grund der Seele sich zu erschließen erhofft werden kann, die Gedächtnisse des tradiert Vernommenen und in der Gegenwart der Besinnung vereinend (Besonnenheit ist Selbstbeherrschung zur Entsprechung in sie begleitender Einsicht, als in Weisheit weisend). Die Haltung des erbetenen Suchens nach Einsicht nimmt deren Weise des Gegebenseinkönnens so an, wie sie als mitgeteilt der Bedeutung der Glaubensgedächtnisse entsprechen kann. Diese werden so nicht einfach in ihrer Erinnerungsgestalt bestätigt, sondern unterliegen der Gegebenheitsform von eröffneter Einsichtsgeltung (als gemeinschaftlich gegenwärtige Kunde) im geistigen Verhalten der Entsprechung.

Das Proslogion verliert im Zuge der aufgenommenen und geprüften Wesensbestimmungen des Göttlichen darum das personale Verhalten Gott gegenüber nicht. Während sich ein Begreifen, was Gott ist, im sachbezogenen Bestimmen, „Gott sei etwas, das ...“ mit der Anrede, was und wie Du bist, abwechseln, wird nach Kapitel 15 der versachlichende Denkversuch zur Bestimmung des Selbstseins in eine Erörterung der sich aus den Einsichten in die Seinsweisen der Wesenheiten eröffneten Verheißungen einer Teilhabe transformiert. Die Identitätsform des Begriffs wandert mit der begleitend festgehaltenen Begrenzung intentionaler Einsicht der Washeiten gleichsam, wie anzuzeigen, von der Ausrichtung auf das unbedingte Selbstseins Gottes (im nach Dass-Sein und Wassein im Quod vere sit Deus des P 2 nicht schon unterscheidenden Sein als Wahrheit) über die Annahme als Person (im angesprochenen Herrn) hin zur Wahrung der Maßgabe der Wesenheiten in die Selbstheit der ermöglichten Vermögen, die im Selbstbewußtsein ihrer Verhaltensbestimmung jedoch statt in der Verantwortung des Lebens in vollkommener Entsprechung der genießenden Erfüllung für ein zukünftiges Sein entworfen werden (P 25), das sich nicht aus der Annahme und der Grundlegung zur Verantwortung von Einstimmung bestimmt, sondern aus dem Zweck der Erlangung des sich genügenden Guten in Glückseligkeit speist. Die Freude darf aber nicht als Zweck entworfen werden, der die Annahme der rectitido und der durch sie vermittelte Maßgabe von Wahrheit und Gerechtigkeit motiviert. Ist sie um ihrer selbst willen zu wahren, dass muß sich in diesem Wahren selbst ein Empfinden der Angemessenheit und der Vereinigung mit dem Göttlichen und zwar dort einstellen, wo es empfangen wird – auf der Erde. Darum die Bitte: Dein Königtum komme; nicht: gib uns Zutritt in Deinen Himmel und einen Platz unter Deinen Engeln.

Dem Begriff Gottes muß in der personal zu verantwortenden Annahme einer für uns ursprünglich maßgeblich und grundlegenden Gabe eine Bestimmung zukommen, die das Denken zu einer Einsicht leitet, das im sich Leitenlassen schon in gewisser Weise an der Entsprechung, zu der es geführt wird, teilhat, deren es ermöglichender Bestimmungsgrund aber weder allein aus dem verstehenden Denken stammt noch in ihm sich in einer Einsicht erfüllt, die in einer Gedankenform getragen werden könnte. Denkbar bleibt das Maß der Entsprechung in der Weitergabe als Kunde und Weisung. Das Unverfügbare, das Unbedingte und das Ursprüngliche gehen in die Gegenwart der ursprünglichen Einheit des Selbstbewußtseins als Person ein, in der es ihr Seinkönnen in Gedenken und Verhaltensverantwortung vom objektiven Selbstbewußtsein unterscheidet, das ihm im „ist“ des Urteils die Erkenntnisgeltung von Wirklichkeit bedeutet.

26. Erfüllung des Erstrebten

Das Sein des Guten oder der Weisheit wird (in P 25) in dem, was für die Erwartungshaltung von in Zeit und Welt existierenden Personen ist, in einer teilnahmefähigen Seinsweise an einem Ort geschildert, der die Attribute des erfüllten Seinkönnens bei und mit Gott ausmalt, und eine anzustrebende Erfüllung weist, für die die Einsicht nur Weisung sein kann, sie aber nicht ersetzt. Darum bleibt am Ende nur die Bitte in der Hoffnung, „dass ich eintrete“, und zwar in einen Raum der Erfüllung, der nicht der in der Selbstaufforderung zu betretende Raum der Kammer des Geistes in der Seele sein kann.8

Die nach P 15 weiterhin angesprochene Anwesenheit des Göttlichen wird ganz dem personalen Verhältnis zuerkannt, während den für das Denken die Identitätsbestimmung tragenden Wesenheiten ein Ort der noch ausstehenden Erfüllung (in P 25) zugewiesen werden, der nicht für das Erkennen erstrebt wird, sondern den zu erlangen das rechte Einsehen, was gut und schön ist, dass es sein werde und für uns sein soll, beurteilend leitet und begleitet. Das allein auf das Denken gestützte Verhalten der Einsicht nur umwillen der Einsicht, Gottes Wesen nur als einsichtsgebend und ursprungsunmittelbar als Licht der Wahrheit zu denken zu suchen (den Schöpfer selbst als Licht der Welt), zeigt sich [im Fragen nach dem Wassein des Wesens und dem Wiesein der einsichtsfähigen Seinsweise des Göttlichen sich] in einem Ungenügen und läßt für das gegenwärtige Verhalten des Denkens es erkennen, dass es einer von allen Kräften der Seele mittragenden Grundlage bedarf, um ein der vermissten Gegenwart der Ebenbildlichkeit angemessene Entsprechung (durch eine angemessene Weisungseinsicht) zu ermöglichen. Und auch dafür wird ein Maßgebliches von Gott her angenommen: er ist in seinem Wesen das sich Genügende (P 22), das keinen Mangel leidet.9 Die Einsicht, die das Denken erstrebt, muß es aus Einsicht eingliedern können, in die Fürsorge zur Ermöglichung von vereinigtem Vermögen.

27. Licht der Wahrheit - Wahrheit selbst als Maß in der Erkenntnis der Grenze des Denkens

Mit P 5 geht die nicht abweisbare Annahme des Selbstseins Gottes als unbedingt über in eine Denken des Selbstseins als ursprünglich.

Um ein ursprüngliches Sein als es selbst durch das Denken (in unbedingter Bedingungsgründung) achten und wahren zu können, muß es, wie schon angezeigt, als ursprünglich für das Vermögen des Denkens in seinem durch Erkenntnis bedingten Selbstbewußtsein angenommen werden, für dessen Vermögen aber eine Unterscheidung des Denkens vom Erkennen, beides ermöglichend, erfordert, ohne dass die so eröffnete und aufgegebene Erkenntnis auf die kategorialen Bestimmungsformen von Gegenstandsbezug überhaupt zurückgreifen kann.

Im Wahrsein an sich, als unabhängig vom Denken und Gedachtwerden angenommen, könnte Geltungseinsicht des Unbedingtseins nur eine ihm für sich und allein zukommendes Erkennen sein, das dem Sein als Wahrheit für sich zukäme; es wäre als ein sich erkennendes Selbstverhältnis zu konstruieren, wie es traditionell als das sich selbst erkennende Absolute angenommen wurde. Dem urteilenden Denken wäre dann aber eine Teilhabe daran verschlossen. Es müsste sich qua Imagination in das für uns Unzugängliche versetzen, dessen Gedanke aber umschlägt in ein „sich in sich selbst Hineinimaginieren des reinen Lichts“, das Hegel mit Jakob Böhme als sein Bösewerden begriff. Ohne Sein als ermöglichender Ursprung von Vermögen, die ein Erkennbarwerden des Grundes einschließen, ist das Sein Gottes nicht als gut und sein Wesen nicht als Güte zu denken.

Wir könnten unter jener Annahme einer letztlich als es selbst zu sein undenkbar sich selbst genügenden Durchlichtung gar nicht mehr wissen, ob und wie eine absolute Selbsterkenntnis jenseits aller Teilhabe (von Denken und Bewußtsein) überhaupt möglich ist. Es verliert sich die Vernünftigkeit im Glaubensdenken von Gott, der uns von sich (d.h. von seiner Natur her) völlig unbekannt scheint.

Die thomasische Skepsis: „wir wissen von Gott nicht, was er ist; uns ist er nicht aus sich selbst bekannt“ (Thomas von Aquin STh I, q.2, a.1c)10 führt über die spätmittelalterlichen Debatten des univoken oder äquivoken Gebrauchs der Wesensbegriffe (im Vergleich für Gott und uns gegenüber) und dem Scheitern eines begriffsrealistisch gefassten Erkenntnisverständnisses zu den voluntaristischen Gottesgedanken des Nominalismus, der die neuzeitlichen Auseinandersetzungen in der Theologie durchzieht. Die dem endlosen Streit zwischen Dogmatik und Skepsis widerstehende Grundlegung durch Kritik der Vermögen zur Unterscheidung von Verstandes- und Vernunfterkenntnis zur Einsicht in Maß und Grund als Bedingung von Vermögen in reflexiv bildender Urteilskraft wird bis heute in der kirchlichen Dogmatik nicht (z.B. Ott) oder nicht zureichend beachtet (vgl. Rahner, Verweyen). Bezeichnenderweise wurde im Zuge der neuscholastischen Antimodernismuskampagne Kants Kritik, ohne die jede Dogmatik in den Dogmatismus verfällt und den Anspruch auf Vernunftbegründung ausschließen muß.

Bedeutet ist ein sich gemäß Sein, das im Wie des Seins in Wahrheit (P 2) und als Sein, was es ist (K22), einheitlich durch das Denken von Gott in Begriffen von Wesenheiten und Seinsweisen (in Verknüpfung) zu halten ist. Das Sein, was es selbst ist, ist ein Selbstsein, das ursprünglich und darum unbedingt ist - und für unbedingt zu gelten hat. Im „ursprünglich“ und „unbedingt“ Sein erschließt sich ein Wiesein der Gottheit Gottes, wie es sich für das Denken und Entsprechen zu erkennen gibt, und darum die Weise des Erfassens des Was und die Form der Wesenserkenntnis bedingt, der keine andersgeartete Seinsweise des Wesens ursprünglich zugrundeliegen kann. Weil die als Washeit zu erfassenden Wesenheiten als in dem, was sie bedeuten, unbedingt anzunehmen ist, muß das Wesen Gottes auch ursprünglich sein für das es (nur in einem Erkennen, das ein sich differenzierendes Selbsterkennen einschließt) anzunehmen fähige Denken. Es hat als Wesen des Göttlichen das Maß im Grund seines Vermögens als durch die von Gottes Was- und Wiesein gebrauchten Begriffe bedeutet anzunehmen und ist bestimmt und ermöglicht dies als Person, mit Selbstbewußtheit zu können.

Da es ganz und vollkommen ist, was es ist, empfängt das Sein Gottes keine Bestimmung seines Wesens von etwas anderem: was es ist, ist durch es selbst und all sein empfangbares Dasein muß von ihm als Ursprung gegründet sein. Es wird im Begriff von ihm für alles Bewußtsein von ihm als es selbst präsent erachtet. Es ist als es selbst offenbar und gibt sich ganz zu erkennen, da es keiner Bedingung unterliegt und an einer Beschränkung teilhätte, die ein als selbst ungemäß Erscheinen oder sich Zeigen verursachen könnte. Es ist in all seinem sich als es selbst Verhalten sich gemäß und vollkommen es selbst. So wäre Gott als vollkommen erkannt gedacht, aber durch diesen Gedanken charakerisiert nicht als anwesend gegenwärtig erkannt: das Erkennen entspricht sich nicht im nur erst als notwendig als Erkenntnis Gedachtwerden (im Begriff eines notwendigen Wesens11).

Die Annahme des göttlichen Seins in der Vollkommenheit seines Wesens hat, da sie alle ihre Vermögen des Selbstseins und alle Weisen des sich selbst als es selbst als Maßgrund gebenden Verhaltens einbegreift und entsprechend die erkennende Annahme alle für die Entsprechung notwendigen Vermögen einbeziehen muß, und zwar als selbstgemäß in ihren Kräften aufgerufen12, unmittelbar Folgen für die Christologie und die Anerkenntnis des Menschgewordenen Logos Gottes als Gott selbst. Das mit sich Identischsein Gottes in jedem seiner Momente, Verhaltensweisen und ihn in einer Vielheit einzuteilen scheinenden Wesenheiten durchzieht als Grundeinsicht das gesamte theologische Denken Anselms und seine Argumentation in der Entfaltung der Gott selbst zu entsprechen suchenden Erkenntnis.

Diese als umfassend und durch die Vorstellung eines unbegrenzten Ganzen des Seins als vollkommen gelichtet angenommene Existenz Gottes (in Erkanntheit absoluten Erkennens) wird in den Kapiteln 14 bis 16 durch ein vollkommenes Licht der Wahrheit bedeutet, das von sich her nicht nur alles, was ist, in Erkenntnis gewahrt, sondern von sich selbst her auch sich nicht versteckt oder verdunkelt oder den Zugang zur Erkenntnis des Wahren des Göttlichen Seins versperrt. Um diese Seinsweise als Wahrheit in Unbedingtheit jedoch überhaupt noch denken zu können, greift der Gedanke für die Annahme des erkennenden Verhaltens Gottes als Wahrheit zum Denkenden unwillkürlich zurück auf eine an sich nicht legitime Vorstellung von Dasein eines Raums, der Nähe und Ferne zu Gott zu denken ermöglicht.

Im Bewußtsein, dass das Denken Gott in dieser Bestimmung (gleich einer Eigenschaft seiner Seinsweise) nur durch Begriffe in deren Bedeutung eines Wasseins einsieht, hat die Glaubenseinsicht eine rationale Form der Geltung, die allein es noch nicht gestattet, die ihm begrifflich zugedachte Erkenntniseröffnung (im dem Wie des Wasseins entsprechenden Daß als daseiend) mitzuvollziehen, da sie mit einer Bejahung der Erkenntnisgeltung die Affirmation der Entsprechung für das Ganze des Seinkönnens als ihren Ursprung denkenden und liegenden Person [unter Personen in einigem Geist] in Geltung setzen müsste und dies eine Selbstrechtfertigung durch Denken aus Begriffen wäre, die das Erkennen Gottes unabhängig von der Wirklichkeit einer Entsprechung vollziehen zu können sich anmaßen müsste, und so den Sündenfall wiederholte.

Durch das Scheitern der Selbstangleichung an die göttlich ursprüngliche, von der Macht nicht unterschiedene Erkenntnis und im Erzählgedächtnis der Vertreibung aus dem Paradies belehrt, vermag die denkende Seele nur eine Einstimmung in jener Gestalt zu erreichen, in der sie sich berichtigend und die Vereinseitigungen und Indifferenzierungen überwindet und sich mit allen Gedanken und Kräften der Seele (P 18) dem Empfangen zur Entsprechung öffnet.

Im Bewußtsein des nur verständig aus Begriffen operierenden Denkens entspricht das Verhalten des Gott zu erfassen Suchenden dem aus der Annahme des Seins Gottes als die umfassend und Sein in Erkenntnis liebende Wahrheit selbst nicht. Im fehlt es an bewußtem Empfinden- und Fühlenkönnen einer Anwesenheit des göttlich durchlichtenden Seins. Der das Problem der Einheit der Vielheit der in Begriffen unterscheidbar zu haltenden Wesenheiten des Göttlichen zu lösen geeignete topische Entwurf bleibt im Ganzen ebenso vom Widerstreit durchzogen, wie er unter dem Anspruch der Einstimmung steht und darum in die Verantwortung des praktischen Austrags zur Überwindung in Entsprechung aus Rechtheit leitet.

In P 6 hatte das Gott selbst und das Verhalten der zu erkennen suchenden, sich besinnenden Seele ansprechende Denken das Empfinden als dem Erkennen von Sein zugehörig aufgenommen. Dies ist in P 14 nicht vergessen, wenn die eigene Seele befragt wird: „wie kommt es, daß du nicht fühlst (sensit, empfindest), was du gefunden hast?“ Um also überhaupt begreifen zu können, wie ein Nichtteilhabenkönnen am für das Erkennen des Wahren doch an sich offenbaren Sein des Göttlichen als Wahrheit möglich ist (und so etwas wie ein Gottesbeweis überhaupt als Berichtigung von Geltungsdenken geführt werden kann), sind für die Argumentationsstruktur des Proslogion (und der ihm verbundenen Werke) zunächst drei Bedingungen zu beachten und in die anzunehmende Verfasstheit des Gottesverhältnisses für das sich aufklärende Denken im Glauben als Einsichten aufzunehmen:

- das Dasein des Denkenden muß als körperlich sinnlich anerkannt und die menschliche, geschöpfliche Weise des Daseins in das Sein Gottes als ursprünglich sich gebend einbegriffen und darum wahrheitsfähig erkennbar und rechtfertigbar sein; die Schöpfung muß in ihrer Erkennbarkeit und das auf sie bezogene Erkenntnisvermögen gut gegründet sein; dies wird sich nicht mehr durch eine Auffassung des Selbstseins der Wahrheit als Inbegriff des Erkanntseins aller Dinge denken lassen, sondern nur als ursprüngliche Ermöglichung von Dasein und Erkennbarsein von Dingen durch Erfahrung in Einheit mit der Gründung von Erkenntnisvermögen, die auch im Verhältnis zum Sinnlichkeit nicht defizient, sondern nur auf besondere Weise bedingt sind; sie muß darum in differenzierter Ausrichtung als eröffnete Teilhabe an der Aufgabe zur Bewahrung der Schöpfung unter einer sich bewährenden Annahme der Intelligibilität gegründeten Weltlichkeit des Seienden (als Gegenstände der Erfahrung) und der der ihr zugewandten Erfahrungsvermögen in die Verantwortung genommen werden, so dass beides möglich ist: Wahrheit der Erkenntnis aus Erfahrung und Wahrheit als Idee angenommen im Gottesverhältnis als maßgeblich je nach Vermögen für alles sich Orientieren im selbstbewußten Denken und Verhalten;

- es muß vom ursprünglichen Sein Gottes her in Übereinstimmung mit dem angenommenen Sein als Wahrheit selbst eine Unterscheidungsmöglichkeit von Denken und Erkennen als für das schöpferisch gegründete Selbstseinkönnen gegeben sein; der selbstbewußt Denkende muß sich auch in der wahrheitsfähigen Gotteserkenntnis seiner Vermögen der Erfahrungserkenntnis erinnern und die sinnliche Wahrnehmung als zur Angemessenheit des sich in der Welt zu den Sinnesdingen Verhaltenkönnens würdigen (rechtfertigen) können. Dies gehört zur Würdigung des als sich seiner selbst im Dasein in Welt bewussten Menschen und muß von Gott her als durch die Selbstgabe des Ursprungs von seelisch-geistigen Vermögen ermöglicht zu sein glaubhaft sein können, wie es die Schöpfungserzählungen darstellen;

- und es müssen Verfehlungen im so ermöglichten Vermögensverhalten möglich und als tatsächlich vollzogen für das so ermöglichte Denk-, Urteils- und Entscheidungsverhalten von selbstbewußt sich verhaltenden Menschen vorausgesetzt werden und bewußt sein können, in der Unterscheidungsbedingungen als vermögensermöglichende verfehlt werden konnten, die das Erkenntnis suchende Denkverhalten verwirrten, aber im reflektierten Verhalten die Unterscheidungskraft auszubilden herausforden und so zu den Vorgängen der Ermöglichung gehören. Die Bildung der Erkenntnisvermögen zu Unterscheidung des Guten vom Bösen, des Gerechten vom Ungerechten, ist ohne Gedächtnis der Verfehlunghandlungen als unter dem Maß der Gemäßheit und Rechtheit erkannt nicht möglich. Das sich Besinnen auf das ursprüngliche Maß (als Bestimmungsgabe der Gottebenbildlichkeit) macht die Ideen des Guten und Gerechten im Verhalten der Berichtigung und des Gerechtmachens geltend. Aus der Annahme von Gottes Selbstsein als Wahrheit ergibt sich die notwendige Aufgabe, ihn selbst als Wesen der Güte und der Gerechtigkeit dort annehmen zu können, wo der Geist dem sich für das wiederermöglichte Seinkönnen von Vermögen in ihrer geistigen Orientierung von sich für sie in der Entsprechung einsetzenden Menschen seinen Beistand gibt und ihn in der Gabe der Rechtheit zu deren Annahme um ihrer selbst willen leitet: sie ist Bestimmungsgabe des Gottesgrundes als Maß für das in Selbstgemäßheit der Vermögen als gottentsprechend daseiend sich Verhaltenkönnens als Mensch (für das Angemessen sich Verhaltenkönnen als Mensch und Person) der Widerfahrnis der Selbstungemäßheit entgegen.

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1 Vergebliches Warten verbürgt das Erwartete nicht.

2 Ohne Unterscheidung von Verstandes- und Vernunftvermögen lassen sich Widerspruch und Widerstreit nicht unterscheiden; eine Grundlegung des Sittlichen wäre vernünftig nicht möglich. Wo die Theologie – in ihrem Denken verstandesorientiert – dazu neigt, den Widerspruch im Denken von Gott zu affirmieren, wird der Glaube vernunftlos und verliert den Halt seiner Glaubwürdigkeit.

3 Zu Bedeutung der epiousia im Zusammenhang des geistigen Vermögen, Schuld vergeben zu können, in der Bitte um Vergebung der Schuld im „Herrengebet“ Mt 6; siehe den gleichnamigen Aufsatz.

4 Zur rectitudo, vgl. Göbel und unten

5 Vgl. Kirschner, S. 127; siehe auch S. 320 zu CH I,10: Denn wie in Gott einer noch so kleinen Unziemlichkeit die Unmöglichkeit folgt, so begleitet einen noch so geringen Vernunftgrund, falls er nicht durch einen höheren überwunden wird, die Notwendigkeit. (sicut enim in Deo quamlibet parvum inconveniens sequatur impossibilitas ita quamlibet parvam rationem si maiori non vincitur comitatur necessitas.) Das Unangemessene (inconveniens) weist auf die Vollkommenheit als Maß, die dem es beurteilenden Denken Notwendigkeit der Geltungsannahme abverlangt.

6 Thomas, Ott; kritisch: Paul Althaus

7 Anselm ist hierin aber nicht eindeutig, denn er scheint auch Gott als Vater anzusprechen, wenn er P 26 ihn als den anspricht, der durch seinen Sohn uns sagt: „Bittet, und ihr werdet empfangen, und die Freude wird groß sein.“

8 Prozess der Denkbewegung durch Begriffstreue in der Orientierung zur Einsichts- und Vermögensbildung im Verhalten

9 Paradigma der Erfüllungsgemälde – Schlaraffenland, Garten der Lüste – Hyronimus Bosch. Anselm malt in P 25 die Verheißung der Erfüllung der himmlischen Freuden aus: „ihr werdet empfangen, damit eure Freude vollkommen sei.“ Der Strebenszweck („damit“) der Teilnahme an der Glückseligkeit ist aber nicht vereinbar mit der um ihrer selbst willen zu wahrenden Rechtheit, weil diese nicht das zu erstrebende Ziel, sondern die Ausrichtung aus dem Maß im Grund der Verhaltensvermögen bestimmt und darum in die Verantwortung gegenüber der Unangemessenheit und Nichteinstimmung eingebunden bleibt. Löste man den Freudengemälde von dieser Verantwortung ab, kann – der Sündenfall wäre ja endgültig überwunden – kein Sein als das eines selbständigen Verhaltens gedacht werden, das sich nach dem Maß der Gerechtigkeit richtet. Dies wäre schon in der Unterscheidung zu erkennen gewesen, dass dem Wesen Gottes kein Sein als Selbstverhältnis zugedacht werden kann, darin es sich an sich selbst als Maß ermessen können sollte. Die Annahme der Vollkommenheit ist nur als Annahme des Maßes der Vollkommenheit durch das möglich, das eines Maßes bedarf und aus der Gegenwart der Bedürftigkeit nie selbst als vollkommen imaginieren kann, sondern nur in Deutung der Vollkommenheit der Entsprechung aus Verantwortung der Rettung als Ursprungsbestimmung.

10 vgl. Martin Kirschner, Gott - größer als gedacht, Freiburg 2003, S. 114. Zum Scheitern einer von der Urteilsform ausgehenden Konstruktion absoluter Identität siehe Fichtes Tathandlung Ich= Ich und den späteren Überstieg in die Bildsprache eines absoluten Intelligierens.

11 vgl. dazu die Diskussionen um das „notwendige Wesen“ im ontologischen Gottesbeweis bei Descartes, Kant und die Darstellung bei Dieter Henrich: „Der ontologische Gottesbeweis“ 1967

12 „Es sammle aufs neue ihre Kräfte meine Seele ...“ P 18

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