Ermöglichungsgrund in der Einheit von Gottes- und Selbsterkenntnis
V. Maß in der einsichtsbildenden Bestimmung der Grenze
14. Grenzbestimmung von Vermögen im Maß der Selbstgemäßheit
Klaus Riesenhuber führt in seinem bedenkenswerten Aufsatz zur Argumentstruktur1 des Anselm'schen Gotteserweises aus, dass mit dem Verhältnis zum „Können (potest) und dessen Grenze (nihil … potest)“ das Denken vor aller (besonderen) „Gegenstandsintention“ sich „in seinem Vermögen als ganzen“ reflektiere (S. 53). Damit stellt sich jedoch jene über einen bloßen Existenzbeweis hinausweisende Aufgabe, wie sie sich (mit Rückverweis auf das Monologion) dem Proslogion ab Kapitel 5 im Anschluß an das bis dahin ausgeführte Argument stellt und als notwendig zu erfüllen anerkennt: den nicht zu verneinenden, nicht negierbaren, nicht wegdenkbaren Einheits- und Wahrheitsgrund des Denk- und Erkenntnisvermögens selbst zu erschließen, der im selbstbewußten Denkverhalten mit dessen Einheits- und Funktionsbedingungen anwesend ist. Nur mit der Selbsterkenntnis ursprünglicher Bestimmungsgründe des Denkvermögens kann die Wesensverfassung Gottes als die ursprünglich das Sein- und Erkennenkönnen überhaupt ermöglichende Macht (in Einheit mit der reformierenden Bildung der Entsprechungsvermögen) erschlossen werden und das in Zweifeln verstrickte Glaubensbewußtsein konsolidieren. Das eine Argument muß sich durch die Verflechtung der vielen Bestimmungsgründe hindurch ausgestalten und durch sie das Verhalten des Denkens und Erkennens im Gottes- und Selbstverhältnis in eine wieder zu ermöglichende Ordnung des Ganzen des gottebenbildlich bestimmten Seinkönnens als Person bringen.
Das reine Sein ist gerade kein ermöglichender Grund von Erfahrbarkeit und nicht von Vermögen überhaupt. Dessen Einheit als ein Ganzes wird durch den Gedankengang bei Riesenhuber in partikulare Gegenstandsintentionen „eingeteilt“, statt jene problematische Verhältnisbestimmung von „Ganzem“ zu „Teilen“ in die Kritik aufzunehmen, die Anselm in P 18 anspricht.2 Es ist die anzunehmende, nicht in die Unterschiedslosigkeit des einfachen Einen fallende Vielheit von Wesenheiten des Göttlichen, die als Güte, Gerechtigkeit, Wahrheit, Liebe und Weisheit in ursprünglich maßgeblicher Göttlichkeit erkannt und geachtet sein können müssen und so dem Erkennen die Aufgabe stellen, wie sie als ursprüngliche Einheit so angenommen sein können, dass sie ihre vermögensspezifische Kraft in Grund- und Maßgabe ihrer reorientierenden Ausrichtung für das Seinkönnen von Menschen in Gemeinschaft entfalten.
Durchdenkt man den Ansatz von Riesenhuber zum Überstieg des Denkens aus Verhältnissen partikularer Gegenstandsintentionen zum reinen Sein, das nur noch affirmiert und urteilend bejaht sein könne (in fragwürdigen Urteilen wie „Sein ist“ oder „Sein ist seiend“), müsste das Denken sich in der Überstiegszielausrichtung dieser sich zugleich entgegensetzen und wäre so durch das sich aktualisierende Ganze im Überstieg zugleich in berichtigender Gegenwendung zur Überstiegsintention geleitet; das sich übersteigende Denken wäre in einem selbstwiderstreitenden Ausrichtungsdilemma befasst.
Der Überstieg wird in der Deutung durch Riesenhuber jedoch durch ein Ziel geleitet, das nicht ursprünglich ermöglichender Grund ist, sondern ein die Kapazität des Denkens erfüllendes Erschöpfen (S. 54 „das seine Kapazität erfüllend erschöpft“); – ihr Maß wird von der Allheit der Vielheit des in Annahme der gegenständlichen Realität zu denken Möglichen gedacht und verstrickt sich in die Aporien der Konstruktion eines transzendentalen Ideals, alle Bestimmung von real Gegebenem sei Einschränkung des einen höchsten Seienden, dessen Sein alles Sein differenzlos befasst.3 Sie legt für das Grundverhältnis der Verstandeserkenntnis aus Gegenstandserfahrung der Urteilsbestimmung der Qualität eine nur gedanklich durch Limitation vollzogene Bestimmtheit zugrunde, ohne die spezifische Konstellation der Vermögen zur Ermöglichung von Erfahrungserkenntnis (in Bedingung ihrer Ermöglichung) zu beachten. Die Erkenntnis aus Bedingungsreflexion von Vermögen ist (im fürsorgenden Dienst) aber anders verfasst – sie ist weder durch eine auf dem Gebrauch der Quantitätskategorie (der Allheit einer Vielheit von Einzelnem) aufruhende Kapazitätsermessung (S. 52, Kapazität seines Strebens → als Summe von „Einzelerkenntnissen“) bedeutbar, noch liegt ihr eine Allheit von Realität zugrunde – gedacht also in einer Verbindung von Quantitäts- und Qualitätskategorien. Der dadurch erzeugte Gegenstandsschein eines Ideals (im Unterschied zu Ideen von Vermögen) hat Kant ja schon durch seine Rekonstruktion aufgewiesen.
Statt vom „Ursprung einer Dynamik“ (als aktualer Bewegung) zu sprechen, ist auf einen konstitutiv durch die Grundlegung wirksamen Ursprung von Vermögen zu verweisen; nicht ist das angestrebte Ziel als Ziel „konstitutiv“ für das Denkvermögen, sondern ein Bestreben gehört der Vorstellung seiner gerichteten Bewegung an. Als Ursprung jedoch von Vermögen suchte es nach dem es angemessen leitenden Maß, das es ihm von seinem Grund her ermöglicht, einem jeden als Vermögen in Bedingung und Zweck auch im denkenden Begreifen gerecht zu werden. Grund und Maß sind ursprünglich in Güte und zum Selbstseinkönnen gegenüber der Unordnung in befreiender Gerechtigkeit das Handeln im Verhalten zu seinen Bestimmungen leitend. Daß dies so aufzunehmen ist und Anselm dies auch erkennt, zeigt der Wechsel der durch die Begriffe des unbedingt Maßgeblichen bestimmten Kriterien der Begrenzung vom nihil maius (in Pros P 2) über das nequeas intelligi meliur und non possis cogitari petentius (P 9) bis zum iustior nequeas cogitari (in P 11 ). In grundlegender Bestimmung aus dem Maß von Güte und von Gerechtigkeit als in ihrem Wirken nicht zu beschreibende, sondern in jenen Bestimmungsgründen anzunehmende Macht richtet sich das Handlungsverhalten in Koordination seiner Vermögen aus. Dieses durch die Bestimmungsannahme zur Orientierung ermöglichte Teilhabe an der grundlegenden Gottesmacht wird in einer Kooperation von allseitig Verantwortung für die Rechtheit ihrer Vermögen im Gebrauch tragenden Personen als für sie gemeinschaftlich maßgebend wirksam, darin sie den Verfügungsmacht erstrebenden Willensbestimmungen Widerstand leisten und als Achtung des Unverfügbaren dem göttlichen Würdegrund der Vermögen des Seinkönnens als Personen in personaler Gemeinschaft ein Anwesendsein ermöglichen.
Wenn gesagt wird, Denken sei „Selbstvergewisserung der einen Grundreflexion“, (Riesenhuber, S. 49) und als „Selbstvollzug“ würde es in einer „Urreflexion“ (S. 54) in sein eigenes Prinzip „zurückgehen“, dann klingt das hegelianisch, verfehlt aber die zu erschließende Verfassung im Grundverhältnis des Ursprungsgedankens komplett. Denn es bliebe im rein selbstbezüglich gedachten Selbstverhältnis noch in einer Gegenstandsintention befangen, wenn in solchem Vorgang das Denken „sich in diesem Rückgang auf seinen Ursprung als seinen Gegenstand hin auflichtet.“ (S. 54)
Das Denken als Denken übersteigt jedoch die Wahrheitsfähigkeit von Einsicht und damit das ihr Maß im urteilenden Bewußtsein halten könnende Vermögen. Urteilend bleibt das Denken in seinem sich bewußt Verhalten als von Erkenntnis unterscheidbar auf Kriterien angewiesen, die ihm rein als Denken nie ganz und angemessen zu eigen werden könnten.
Eine Grenze wird bei Riesenhuber für „das Vermögen des Denkens als solchen“ (S. 53) nicht erkennbar, sondern vorstellungshaft wieder durch ein Gegebenheitsverständnis von Seiendem zu ersetzen versucht, als wäre das Sein ein zeitlich „Früheres“ (S. 48) oder „vor dem Denken liegend“ (S. 51). Das „unbedingt Sein“ als „dem Denken gegenüber transzendent“ kann sich ja gerade nicht, indem es sich ihm als „an sich seiend“ erwiese, als „Grenze des Denkens“ zeigen (S. 51), – sonst könnte der Begriff „reines Sein“ oder „Sein an sich“ gar nicht sinnvoll gebraucht werden und wir uns nichts dabei denken können. Eine Grenze kann sich für das Denken in der Ausrichtung seines Bestrebens nur bilden, wenn sie in einer Bestimmtheit fasslich wird, durch die die Richtung des Strebens sich ändert oder das Streben selbst abgebrochen wird. Eine derart wirksam werdende Verhaltensbestimmung kann nur durch unterscheidende Reflexion zur Geltung kommen, die nicht im Denken bleibt, sondern Bindungskraft aus Einsicht entfaltet. Die Grenze des Denkens als Vermögen muß sich auf die spezifischen Funktionen als Urteilsvermögen in ihrem unter den Einheitsbedingungen des Verstandes geleiteten Gebrauch beziehen als erkennbare, notwendige Bedingungen beziehen, die in der Reflexion bestimmbar gehalten, aber nicht mit der Reflexion selbst identisch sind. Durch ihre auf Vermögensbedingungen sich beziehende Erkenntnisreflexion der Urteilskraft unterscheidet sie sich vom Verstand (intellectus). Das Einsehen (intelligere) wird, wie es bei Anselm gebraucht und gedeutet wird, von Vernunft und Urteilskraft getragen, durch die der Verstandesintention auf gegeben Seiendes eine sein Vermögen bedingende Grenze zuerkannt werden kann. Die reflektierende Erkenntnis bezieht für die Einsicht das Scheitern einer gegenstandsintentionalen Erfassung des Seins Gottes mit der Selbsterkenntnis von Bedingungen der Denkbarkeit in dessen begriffliches Bestimmungsgedächtnis ein.
Als Möglichkeitsgrund4 wäre das Prinzip auf zu Verwirklichendes bezogen: also nicht selbst schon verwirklichte Wirklichkeit. Im als Möglichkeitsgrund gedachten Sein hätte das Denken in der Rückwendung auf sein Prinzip gerade nicht die „unbedingte Wirklichkeit“ erreicht; – das Unbedingte ist darum weder durch eine unterscheidende Verhältnisbestimmung von Möglichkeit und Wirklichkeit im Verhältnis zu den Geltungsgründen von Gegenstandserkenntnis zu denken und erkennend anzunehmen5, noch durch eine aussagbare Identitätsverbindung des als Möglichen schon Wirklichseienden zu denken. Im Ursprung der Vermögen ist das „Seinkönnen“ als Ziel der Ermöglichung gerade keine „sekundäre Modifikation“ von „Sein einfachhin“ (S. 55), sondern als ein maßgrundgebend ermöglichendes Können anzunehmen, an dem jede zuzuschreibende Bestimmung sich in die Maßannahme wendet. Dessen Denken gehört darum vielmehr zur Wende der berichtigenden Erkenntnis, die ohne Begrenzung des gegenstandsbezogenen Gebrauchs von Urteilsfunktionen nicht mitzuvollziehen ist.
Die versuchte Rekonstruktion der Reflexions- und Überstiegsdynamik des Denkens durch Riesenhuber entgeht darum dem nicht, was er als Irrtum des Toren bezeichnet, nämlich ohne „den Ursprung des Grunddenkens“ zu verstehen, „sich von der unvermeidlichen Form seiner Objektivierung in Wort und Begriff verleiten“ zu lassen. (S. 55 unten).
15. Grenze der Urteilsbestimmung als Maß der Angemessenheit des Verhaltens im Denken
Die Prädikation im Urteil erfordert eine sachhaltige Bestimmung, auf die sich auch eine Negation oder eine Abgrenzung von anderem bezieht. Wird als Argument aber die Bestimmung eines Beurteilungsverhaltens gebraucht, das zugleich herausgefordert wird, ausgeübt zu werden, wenn es das als Gott selbst zu suchende Sein denken soll, dann ist es unmöglich, das so zu denkende Sein zu negieren, weil es der einen Bestimmung, zu denken, nicht folgen würde: die Negation zeitigte einen Selbstwiderstreit im Bewußtsein des Denkverhaltens aus der Inanspruchmahme seines Vermögens.
Ihm ist nichts anderes zu denken aufgegeben, das dem Maß dessen entspricht, dem gegenüber es in keinem Urteil ein größer, besser, gerechter oder mächtiger geben kann. Streng gefasst, wird nicht ein Vermögen in einer ihm gemäßen Ausgerichtetheit begrenzt, sondern es wird auf ein Seinsvermögen fokusiert, das als es selbst nicht unbegrenzt sein kann, sondern sich ihm als genau die Grenze des Selbstsein gibt, in der es es selbst ist: das ist zunächst die Grenze als selbstidentisches Wesen gegen den Selbstwiederstreit oder die Selbstungemäßheit, die eine Abgrenzung gegen das Abhängig von Sein von anderem, es darin störende beeinflussend trägt. So erkannt wäre es mit Freiheit als Unabhängigkeit und der Idee von Vermögen überhaupt als ein Selbstsein gemäß seiner selbst zu identifizieren und so als es selbst zu achten. Es wäre in eine Seinsweise gesetzt, in der es diese Selbstheit als Grenze der Bestimmbarkeit durch anderes so zu erkennen gibt, dass sie in Achtung anerkannt wird – und es wäre lediglich der sich unbegrenzt wiederholende Größenvergleich zu anderem im Gebrauch von Vergleichsmaßen wäre problematisch und zugunsten der Annahme des Maßes selbst zu überwinden. Dazu aber muß das Maß erkennend es annehmende Denken alles Verhalten derjenigen Vermögen vertreten, für die Gottes Wesen Maßgrund ursprünglich hat sein können – ihm entsprechend: es gilt für sämtliche Vermögen unter Einheitsbedingungen aller Wesen, die als gottebenbildlich ihren ursprünglichen Bestimmungsgrund erhalten haben.
Das Denken von Gott muß die Ebenbildlichkeit als maßgrundgebend annehmen und hält das Wesensmaß für sämtliche Vermögen in Achtung für ihre Geltung in maßannehmender Orientierung, vertritt darin alle Menschen in ihrer gottensprechenden Personalität als aus der Würde ihrer Vermögen geachtet.
Ist das Selbstsein als Wesen des Göttlichen das Maß, dann kann ihm gegenüber kein vergleichendes Denken im Gebrauch eben dieses Maße stattfinden in dem Sinne, dass man sagen und denken könne, die Gerechtigkeit selbst sei gerechter als dies oder jedes Urteil oder Verhalten eines Menschen. Denn die Gerechtigkeit selbst kann nicht unmittelbar und ohne Annahme als Maß für die Ausübung der mit ihr verbundenen Vermögen der beurteilenden und entscheidenden Handlungsbestimmung und der Lösung von Machtkonflikten oder Streit um Rechtsansprüche urteilend wirken. Darum ist der göttliche Richter der, der unter Menschen als Mensch gelebt und das ungerechte Verurteiltwerden erfahren hat. Das erkennende Denken des Gerechtigkeit selbst als Maß vertritt es in der Urteilskraft zu seiner Anwendung, in deren Bildung sich Erfahrung mit der Macht der Weisung und der Befolgung verbindet, eingebettet in die Bundesstiftung und das Allgemeinwerden der Gerechtigkeit für alle Menschen.
Die Grenze des Denkvermögens kann nur als Bestimmung des Vermögens in Annahme des Maßes gedacht werden, dass sie nicht mehr in einem objektivierenden Vergleich gebrauchen kann, wo es selbst Richter ist – die gilt auch für die Formen des Gotteslobs, in dem der Herrscher in seiner überragenden Macht im Vergleich mit den Niedrigen und weniger Kräftigen gefeiert wird. Als Schöpfer rückt er damit immer in das schiefe Bild, warum er nicht diese sich gleich vollkommen geschaffen hat. Solche Feier korreliert darum regelmäßig mit einer mangelnden Fürsorge des Verherrlichungsdenkens für das Ohnmächtigere. (Dass Gott sich ohnmächtig macht und gekommen ist, zu dienen, das erscheint nur als unverdiente Gnade, aber nicht dem Ganzen seines Wesens entsprechend, sonden seine vom Willen abhängigen Barmherzigkeit. - die er im Prinzip auch versagen könnte. )
Innerhalb der quo nihil maius Anweisung verhält das Denken sich zu Gott als Etwas, das in der Absolutheit eines Selbstseins im Urteilsgedächtnis des Denkens gegen das abgrenzend gehalten wird, das im Denken als Gedachtwerdend nicht zu halten ist: dass Gott ist, was es ist, bedeutet,
dass sein Sein in Abgrenzung gegen das Nicht es selbst und nicht jemand selbst Sein – also gegen das Unvermögen zu sein oder sich zu Verstellen (wie der Jäger oder der Betrüger) –
gegen das unbestimmt und unbegrenzt und darum unerkennbar, weil nicht abgrenzbar zu sein,
wiederum keine disjunktive Grenze innerhalb eines Bereichs und Begriffsumfangs zu haben, den Gott mit anderem Seienden neben sich teilte.6
Darum bestimmt sich die Grenze gegen das Nichtseinkönnen und den Schein und die das Selbstseins zerstörende Ungemäßheit und Ungerechtigkeit nur in der Verantwortung des Verhalts aus einem Grund, der als Sein durch sich selbst in einem Ursprung wurzelt, dessen Maß und Bestimmungsgrund zur dieser Verantwortung – von Freiheit als Unabhängigkeit – dem Widerstreit der Mißachtung der Achtung von Würde gegenüber, also nicht im Verhältnis zu einem leeren Raum oder verselbständigter Chaosmächte, sondern in einer Welt von mit- und einander gegenüber handlend und sich verhaltenden, die in ihrem Seinkönnen alle an eben dem Ursprung als Grund teilhaben, aus dem Gott selbst durch sich selbst ist, was er ist.
Im so bestimmt geleiteten Erkennen wird Gottes Wesen eine Seinsweise in Rücksicht auf ein Verhaltensmaß sich differenzierender Verhaltensweisen zuerkannt, dessen Bestimmungsgrund Gott selbst sein muß. Er hat darin kein anderes Selbstverhältnis als in und durch das Verhalten von Personen im Feld des Geachtet- oder Mißachtetseins untereinander. Von der Selbstidentität her kann diese nur mit der Aufnahme des Widerstreits geschehen, der darum die Unterscheidung als Widerstand in Bestimmung der Überwindung tragende Haltung in der Wahrung der Selbigkeit Gottes begleitet, aber das Denken von Gott davon abhält, in als gegenüber der Welt handelndes Subjekt zu denken, das sich zu dem verhält, was je Seins- und Vermögensunmächtiger wäre als er selbst (das als anderes als Gott sein oder nichtsein oder sich selbst nicht entsprechend sein kann).
Mit dem Selbstsein ist zu denken anzuerkennen notwendig, dass kein anderes Maß die Beurteilung leiten kann, als das beurteilend zu Erkennende selbst – es muß sich in seinem Wesen als Maß erschließen, das der Urteilskraft im Verhalten zu ihm wie des Verhaltens von ihm - das Maß der Entsprechung und damit seines Könnens gibt. Wird das Wesen des Göttlichen als Grund der Urteilskraftvermögen des sich orientierednen Denkens in der ihm selbst nach Angemessenheit suchenden Verhaltensausrichtung angenommen, dann kommt ihm im Begreifen der Wesenheiten des Göttlichen sein Grund als Maß mahnend entgegen, und fragt ihn, den Denkenden, warum er das ihm eigen Maß nicht sich als Seinsbestimmung des sich selbst als er selbst Verhaltens annimmt, gleichsam einverleibt. Der Ritus der Einverleibung des Göttlichen in Gestalt der personalen Identität7 ist gemeinschaftlich bedeutsame Maßgrundannahme in Übernahme der Selbstseinsverantwortung als Christ in Welt. – Der Widerstreit in der zu unmittelbaren Identitätshaltung durch Bedeutungsbewußtsein ist im Denken als Erkenntnisreflexion auszutragen und die erschlossenen Maßbestimmungen der Vermögen des Seinkönnens als Person in verantwortendem Geist durch Kritik der Vermögen in der Verhaltensausrichtung des Handlens mit der Deutung des Kults, der Riten und Mythen zu verbinden – systematisch begründendes Vernunfteinsicht und Reflexionserkenntnis der Urteilskraft mit der Exegese der poetisch-religiösen Schriften und Verkündigung verknüpfend.
16. Grenze als Maß und die Schranken des Größenvergleichs
Mit der prädikativen Angabe einer Wesensbestimmung für das urteilende Denken, über die hinaus nichts anderes angegeben werden kann, dem Maß zu entsprechen, hat das Denken von Gottes Wesen als Sein, wie es sich ihm erschließt, ein Kriterium, durch das es im Bewußtsein von etwas an dessen Wesen als Maß gebunden ist, und es anders nicht mehr als es selbst denken kann. Denn das 'nicht über hinaus' schließt alle das zu haltende Sein im Gedachtwerden nicht haltenden Bestimmungen aus (ob es Ortsangaben oder sonst Seinsweisen betreffen, ob es Oberbegriffe oder Beschaffenheiten einer Substanz sind), fordert aber alles hereinzuholen, was das Wahren im für das Denkenkönnen Halten der Selbstheit des Göttlichen bedingt und ermöglicht, also auch die Annahme der Grenze in der Unterscheidung von Verhaltensvermögen und die Anerkenntnis des Begrenzungsgrundes als Maß: die Bestimmtheit der Grenze muß als Maß der rechten Verhaltensbestimmung im Denken als dem zu wahrenden Göttlichen selbst zuerkannt und darin für sich angenommen anerkannt sein - das Maß als Grenze.
Die Größe zeigt im Gebrauch für einen Vergleich die Grenze an, gibt aber als Begriff selbst nicht das Wesen als Maß an. Sie begründet die Begrenzung nicht, sondern diese ergibt sich aus dem Wesen des Göttlichen als Ursprung durch den Grund des Vermögens und die Bindung seines Könnens an sein Maß.
Die Größe als Maß der Grenze des beurteilenden Bestimmungsvermögens anzunehmen gehörte noch zur Verfehlung der Ausrichtung. Im quo nihil maius als Wesensbestimmung trägt mit der Größe noch eine vieldeutige, der Identitätsbedingung in Einzigkeit nicht gemäße Maßannahme – nötigt zum Austrag der Unstimmigkeit und der Aufnahme der Wesenheiten.
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1 Klaus Riesenhuber, a.a. O. Anm. 4
2 Eine jedes das Ganze und das Ganze ein jedes.
3 Vgl. reines Sein als Nichts = reiner Gegenstandsschein. Hegels „Wissenschaft der Logik“ zeigt, alle kategorialen und vermögensmäßigen Unterscheidungen scheinbar zurücknehmend, in ihrem Anfang mit dem „reinen Sein“, da hier Denken, Anschauen und Erkennen nicht geschieden sind und so kein Erkenntniskriterium zu Gegebenem walten kann, dass mit der leeren Bestimmung als einzige Bestimmtheit auch keine Unterscheidung von Bejahung und Verneinung möglich ist: das reine Sein ist als unterschiedslos in sich von der Negation jeden (qualitativen) Seinsgehalts nicht verschieden.
„Sein, reines Sein, - ohne alle weitere Bestimmung. (…) Es ist nichts in ihm anzuschauen, wenn von Anschauen hier gesprochen werden kann; oder es ist nur die reine leere Anschauen selbst. Es ist ebensowenig etwas in ihm zu denken, oder es ist ebenso nur dies leere Denken. Das Sein, das unbestimmte Unmittelbare, ist in der Tat Nichts, und nicht mehr noch weniger als Nichts.“ Hegel, Wissenschaft der Logik, Hrsg. Lasson, Bd I, S. 66 ff, Hamburg 1975. Daß das „reine Sein“ der Seinslogik reiner Gegenstandsschein ist, zeigt Theunissen in „Sein und Schein“, Frankfurt, 1978. In Hegels Wissenschaft der Logik stellt sich der notwendig mißlingende Versuch einer Ableitung der Kategorien aus sich selbst dar; verfehlt wird auch die Erschließung der reflexiv einteilenden und ein Integration ermöglichende Methode durch den Versuch einer Bestimmung des Vernunftbegriffs aus der Selbstbeziehung des urteilenden Verstandesdenkens.
Daß Sein und Nichts trotzdem auch verschieden sind, nimmt Hegel von anderswo her: aus dem Gedächtnis des Gebrauchs dieser Begriffe in einer auf etwas bestimmbares bezogenen Bedeutung. Der Funktion dieses für die Begriffe wesentlichen Gedächtnisses gibt Hegel aber in seiner Wissenschaft der Logik keinen Ort, holt also entgegen seinem methodischen Programm, wesentliche Bedingungen seines Verfahrens nicht ein.
4 Vgl. Riesenhuber S. 52: „transzendentale Möglichkeitsbedingung des Objekts als solchen“
5 Darum waren auch jene Versuche einer Bestimmung des Gottesbegriffs, Gott sei die „alles bestimmende Wirklichkeit“ verfehlt und führte das theologische Denken in letztlich belangloses Gerede, dessen Worten man keinen Glauben mehr schenkt.
6 Du sollst keine fremden Götter neben mir haben! - Gegen Gott, nur ein Gott. vgl. Blumenberg, Arbeit am Mythos.
7 Das selbst und überall Ganz Sein ermöglicht erst ein angemessene Deutung und Begründung der communio. Die identifikative Teilhabe in Annahme des Maßes für das Selbstseins als Person als solcher ist keine Teilung und keine Verteilung, die etwas mindert, sonder durch die Annahme gewahrt und Weitergetragen wird. Anselm hat sich bei Lafrance intensiv mit der Transsubstanziationslehre auseinandergesetzt.